„Sag, wie hast du’s mit der Kriminologie?“ – Die Kriminologie im Gespräch mit ihren Nachbardisziplinen

Panel 6 - Vergleichen wir Äpfel mit Birnen? Ansatz und Ertrag internationaler Datensammlungen über nationale Kriminaljustizsysteme

09:00 – 10:30 Uhr im HS C1, Hof 2 (partly in English)

Moderation: Jörg-Martin Jehle

Ansatz und Ertrag des European Sourcebook of Criminal Justice

Jörg-Martin Jehle (Universität Göttingen, GER)

Die European Sourcebook Group besteht aus Experten im Bereich kriminalstatistischer Daten. Ihr zentrales Anliegen ist es, das Ausmaß von Kriminalität und ihre Behandlung in den verschiedenen Kriminaljustizsystemen zu reflektieren und die Vergleichbarkeit der darauf bezogenen statistischen Darstellungen in Europa zu verbessern. Ein wesentliches Ergebnis dieser Bemühungen ist das European Sourcebook of Crime and Criminal Justice Statistics, welches in periodischen Datenerhebungswellen die Entwicklung seit 1990 darstellt und in Druckwerken sowie in einer online-Datenbank zugänglich gemacht wird. Am Beispiel einiger spezieller Auswertungen des Datenmaterials im Längs- und Querschnitt sollen methodische Voraussetzungen, Aussagemöglichkeiten und –grenzen diskutiert werden.


Linking Prison Statistics to the Criminal Justice System – the LINCS-project of the Council of Europe

Marcelo Aebi (University of Lausanne)

A new data collection wave of the European Sourcebook has recently been conducted concerning the years 2011 to 2016. It takes place as a joint venture in the framework of the LINCS project, Linking Prison Statistics to the Criminal Justice System, implemented by the Council of Europe and funded by the European Union and the Council of Europe. In June 2019, during a meeting of the national correspondents from all European states the collected statistical data and metadata have been analysed, if necessary, updated and validated in order to improve data quality. The paper presents the new approach, methodological implications, the restriction of validity and the prospective outcome.


Wie lassen sich nationale Daten in Datensammlungen der UN und der EU einpflegen? Das Beispiel Deutschland.

Palmowski (Statistisches Bundesamt, Wiesbaden, GER)

Das Europäische Statistische Amt (EuroStat) hat seit einigen Jahren begonnen, wichtige kriminalstatistische Daten, insbesondere aus dem polizeilichen Bereich, in allen Ländern der EU zu sammeln und zusammenzustellen. Seit Kurzem benutzt es dafür die von der UN entwickelte Internationale Klassifikation von Straftaten. Das Papier wird am Beispiel der Tötungsdelikte in Deutschland aufzeigen, inwieweit die nationalen Deliktstypen den internationalen Deliktbeschreibungen zuzuordnen sind, welche Probleme dabei auftauchen und in welche Richtung das Instrument weiterzuentwickeln wäre. Das Europäische Statistische Amt (Eurostat) hat seit einigen Jahren begonnen, wichtige kriminalstatistische Daten, insbesondere aus dem polizeilichen Bereich, in allen Ländern der EU zu sammeln und zusammenzustellen. Seit Kurzem benutzt es dafür die von der UN entwickelte Internationale Klassifikation von Straftaten. Der Vortrag wird am Beispiel der Tötungsdelikte in Deutschland aufzeigen, inwieweit die nationalen Deliktstypen den internationalen Deliktbeschreibungen zuzuordnen sind, welche Probleme dabei auftauchen und wie mit diesen im Rahmen der arbeitsteiligen Zulieferung statistischer Daten über die Tätigkeit der Polizei und der Justiz in Deutschland für die internationale Meldung umgegangen wird.


The International Classification of Crime for Statistical Purposes (ICCS) – a way forward to improve the comparability of statistics on crime.

Michael Jandl (Institut für Politikwissenschaft, AUT / UNODC)

The presentation lays out the idea, the development and the current state of implementation of the ICCS. The main purpose of this classification is to improve the consistency and comparability of statistic on crime and criminal justice derived from national sources between jurisdictions, sources and over time. ICCS is a reference system where offences are described as acts or events independently from national legal definitions. In such a way the national providers of data should assign their nationally defined offences to these concepts. Moreover, the ICCS is also a statistical tool for collecting data in detailed and harmonized disaggregation categories relating to crime events, victims or perpetrators, thus leading to an expanded dataset and a better understanding of criminological questions (e.g. sex and age of victims and perpetrators, mechanism used, motive, situational context or victim-perpetrator relationship). The presentation reflects on the experiences with this new approach and discusses ways to further improvement.


Wiederverurteilung versus Wiederinhaftierung nach Jugendstrafvollzug: Zur Validität unterschiedlicher Datenquellen für Rückfalluntersuchungen

Johann Endres (Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs, Erlangen, GER)
Maike Breuer (Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs, Erlangen, GER)
Sandra Guschlbauer (Kriminologischer Dienst des bayerischen Justizvollzugs, Erlangen, GER)

Die allgemeinen Rückfallraten nach Entlassung aus dem Jugendstrafvollzug sind sehr hoch (je nach Zeitraum 60 bis 80 Prozent erneute strafrechtliche Verurteilungen). Für die Präventionspraxis relevanter sind die schweren Rückfälle, die erneute freiheitsentziehenden Sanktionen und eine Wiederinhaftierung nach sich ziehen; diese sind deutlich seltener.

Für N = 742 im Zeitraum 2013/2014 aus dem bayerischen Jugendstrafvollzug Entlassene werden zum einen Bundeszentralregisterauszüge, zum anderen die Daten aus der Vollzugsdatenbank (beides zum Stand Januar 2019) für Analysen zur Rückfälligkeit bzw. Wiederinhaftierung herangezogen. Auf dieser Grundlage wird versucht, vergleichend die Validität der beiden unterschiedlichen Datenquellen (Bundeszentralregister versus Vollzugsdatenbank) zu bestimmen. Vollzugsdaten sind in der Regel sowohl besser verfügbar als auch aktueller als BZR-Daten. Sie zeigen im Vergleich zum Bundeszentralregister allerdings nur tatsächliche Inhaftierungen. Durch die Betrachtung derselben Stichprobe auf Basis beider Datenquellen soll die Aussagekraft der beiden unterschiedlichen Datenquellen für Rückfalluntersuchungen überprüft werden.

Frühere Analysen auf Basis der Vollzugsdatenbank (Stand 2017) haben bereits Zusammenhänge mit dem Alter, biographischen Belastungen und dem Ausmaß des Behandlungsbedarfs in verschiedenen Bereichen festgestellt. In weiteren Analysen ist nun angedacht, mit aktualisierten Daten die rückfallpräventiven Effekte verschiedener vollzuglicher (Behandlungs-)Maßnahmen zu modellieren.

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