„Sag, wie hast du’s mit der Kriminologie?“ – Die Kriminologie im Gespräch mit ihren Nachbardisziplinen

Panel 18 - Klimaforschung im Strafvollzug

14:00 – 15:30 Uhr im SR 2, Hof 1 (partly in English)

Moderation: Kristin Drenkhahn

Die deutsche Adaption des „MQPL+“ (I): Herausforderungen und Ergebnisse

Kirstin Drenkhahn (Freie Universität Berlin)
Frank Neubacher (Institut für Kriminologie der Universität zu Köln)
Ineke Pruin (Universität Bern)

Die durch Liebling in langjähriger Forschungsarbeit entwickelte Methode des „MQPL+“ ermöglicht eine intensive und umfassende Analyse des sozialen Klimas in Justizvollzugsanstalten. Sie kombiniert validierte Erhebungsinstrumente für Gefangene (MQPL) und Bedienstete (SQL) mit umfangreichen Observationen sowie vertieften Interviews mit den am Anstaltsleben beteiligten Gruppen (Gefangene, Bedienstete, Anstaltsleitung, Fachdienste etc.) und spielt für das Qualitätsmanagement im englischen Strafvollzug mittlerweile eine bedeutende Rolle.

In Kooperation mit dem Originalteam des „MQPL+“ (Liebling/Kant) hat unser Forschungsteam die Methode für die Verwendung in Deutschland adaptiert. Die vorbereitende Arbeit ging weit über reine Übersetzungsarbeiten hinaus. Das Ziel der internationalen Vergleichbarkeit der Daten erforderte es, die Verschiedenartigkeit der Vollzugssysteme bei der Übersetzung der Fragebögen zu berücksichtigen, dabei aber innerhalb der Grenzen der entsprechenden Dimensionen zu bleiben. Auch setzen die zeitintensiven Interviews und Observationen ein Forschungsteam mit breitem Erfahrungswissen im Strafvollzug voraus, um die kulturellen bzw. atmosphärischen Besonderheiten der JVA einschätzen zu können.

Der Vortrag erläutert die bisherige Vorgehensweise und zeigt das Potenzial eines Einsatzes der MQPL+ Methode in Deutschland und der Schweiz auf.


Die deutsche Adaption des „MQPL+“ (II): Erfahrungen aus dem Pretest

Frank Neubacher (Universität zu Köln)
Kirstin Drenkhahn (FU Berlin)
Ineke Pruin (Universität Bern)

Die deutsche Adaption des MQPL+ wurde im Februar 2019 in der Form eines zweitägigen Pretests in einer deutschen JVA erprobt. Dazu führte ein neunköpfiges Forschungsteam diverse Erhebungen durch: Neben einer Erprobung der adaptierten Versionen der Erhebungsinstrumente (MQPL und SQL) in der Form von Interviews mit Gefangenen und Bediensteten fanden teilnehmende Beobachtungen sowie Gruppendiskussionen mit den verschiedenen am Anstaltsleben beteiligten Personen statt (Gefangene, Allgemeiner Vollzugsdienst, Fachdienste, Anstaltsleitung, Anstaltsbeirat, Gefangenenvertretung).

Auch wenn die Anstaltsleitung bereits im Vorbereitungsgespräch auf ein verbesserungswürdiges Anstaltsklima hingewiesen hatte, konnten im Verlauf des Pretests Problembereiche ermittelt werden, die vermutlich einen starken Einfluss auf das Anstaltsklima haben und sich vor dem Test nicht abzeichneten. Der Vortrag wird den Ablauf, die Herausforderungen und die wesentlichen Ergebnisse des Pretests sowie dessen Auswirkungen auf die weitere Forschungsplanung beschreiben und eine Einschätzung ermöglichen, wie die Forschung mit dem MQPL+ zur Qualitätsentwicklung im deutschen und schweizerischen Strafvollzug beitragen kann.


Herausforderungen und Stand der Klimaforschung in Deutschland

Marcel Guéridon (Universität Greifswald)
Ineke Pruin (Universität Bern)

Das (soziale) Klima im Strafvollzug - das aus verschiedenen Gründen als universeller Faktor für das Gelingen oder Scheitern einer Justizvollzugseinrichtung gesehen werden - ist in den letzten Jahren auch in Deutschland vermehrt im Fokus der Strafvollzugsforschung. Diese wünschenswerte Entwicklung leidet jedoch bisher – wie die Forschung zum Klima im Strafvollzug insgesamt – unter einer hohen Fragmentierung: Verschiedene Arbeitsgruppen arbeiten mit verschiedenen Instrumenten (EssenCES, PGCI, MQPL) in verschiedenen Einrichtungen und Bundesländern an verschiedenen Facetten (Klima zwischen Bediensteten und Inhaftierten, Klima zwischen Bediensteten, usw.), auf verschiedenen Ebenen (Gruppenklima, Abteilungsklima, Anstaltsklima) und an verschiedenen Themen (Gesundheit, Zufriedenheit, Behandlungswirksamkeit, Gewalt), wobei der Schwerpunkt bei den traditionell eher «therapeutischen» Einrichtungen liegt (Sozialtherapie, Jugendanstalten).

Dieser Beitrag versucht eine Synthese der aktuelleren Forschung zum Klima im Strafvollzug in Deutschland. Neben Ergebnissen und Erfahrungen auch aus Niedersachsen werden dabei auch einige methodischen und konzeptuellen Herausforderungen hervorgehoben, die mit der Erhebung des Klimas in Theorie und Praxis einhergehen.


Measuring the Quality of Prison Life: Aims, Methodology, Development, Results

Deborah Kant (University of Cambridge)
Alison Liebling (University of Cambridge)

The Measuring Quality of Prison Life ‘plus’ (MQPL+) research exercises are grounded in rigorous combined research methodologies. The approach, known as ‘ethnography-led measurement’, incorporates the administration of a carefully-designed prisoner survey (MQPL) and its staff counterpart (SQL) with deep qualitative exploration of the perspectives and experiences of prisoners, staff and senior managers. At its heart, the research is grounded in ‘appreciative inquiry’: an investigative technique focussed on the discovery of best practice, peak experience and sincere aspirations: on what is as well as what is lacking. This methodology goes beyond typical ‘deficit-based’ or problem-oriented approaches to inquiry, and produces authentic description including systematic measurement of prison climates.

This talk will present an overview of the aims, development and spirit of MQPL+.

Wir danken unseren Förderern und Sponsoren: